Viele unter euch Fragen sich vielleicht, wie wir dazu kommen und was uns dazu bringt, alle Zelte abzubrechen, den Job zu künden, das Studio aufzugeben, die Wohnung unterzuvermieten, für Fr. 50’000.- einen Camper zu kaufen und für mehr als ein halbes Jahr durch Europa zu tingeln. Und einige staunen vielleicht über unseren Mut und unsere Abenteuerlust. Und: Ist eine solche Camperreisen nicht nur etwas für Pensionierte? Hier die Antwort auf diese und weitere Fragen.

Der richtige Zeitpunkt

Ich habe mir schon seit längerem Gedanken darüber gemacht, wie es mit meinem Fotostudio im Tribschenquartier in Luzern weitergehen soll. Nach sehr erfolgreichen Jahren sind in den letzten Jahren die Studioshootings stark zurückgegangen. Der Markt hat sich verändert, immer mehr Fotografen, vor allem auch Quereinsteiger, bevölkern den Markt und die Nachfrage nach Studioshootings ist generell am Sinken. Zudem hat sich meine Kundschaft verändert und ich arbeite immer mehr Outdoor oder on Location, das heisst, dass ein grosses teures Studio nicht wirklich Sinn macht. Deshalb habe ich mich im Herbst 2015 nach dem Studium meiner aktuellen Geschäftszahlen definitiv entschieden, ein neues, kleineres Atelier zu suchen. Einen Nachmieter für mein altes Studio zu finden und ein neues passenderes und vor allem günstigeres Atelier zu finden war jedoch alles andere als einfach.

Nachdem schlussendlich doch noch alles gut über die Bühne ging und ich seit Sommer 2016 mit meinem Atelier neu im Felsental auf der anderen Seeseite beheimatet bin, sind auch meine monatlichen Fixkosten stark gesunken. Dies nimmt mir den grössten finanziellen Druck. Da ich zudem aktuell mit Vanessa Ineichen ein sehr engagierte Assistentin in meinem Betrieb beschäftige und sie sich bereit erklärt hat, mein Atelier für einige Zeit selbständig zu führen, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.

Dies möchte ich nutzen, um nach 20 sehr intensiven Jahren als Selbständiger wieder mal einen längeres Timeout einzulegen und diese Zeit für eine grosse Reise zu nutzen. So war die Idee geboren. Und auch für Babs schien der Zeitpunkt ideal, ihren Job in Steinhausen nach über 16 Jahren zu künden. Zudem denken wir, dass für sie als Heilpädagogin und Kindergärtnerin der Wiedereinstieg nach unserer Reise relative einfach sein wird.

Wieso eine Camperreise?

Island_3In den vergangenen 40 Jahren habe ich fast alle möglichen Arten des Reisens ausprobiert: Sein es Reisen mit nur einem Rucksack auf dem Rücken nach Südamerika oder Asien . Mit Velo und Sagoschen über Stock und Stein. Mehrtägige Biketouren über die Berge mit Übernachtung in Hütten oder Herbergen. Per Schiff in Kroatien oder auf dem Canal du Midi. Mehrtätige Wanderungen von Hütte zu Hütte. Aber auch mit Mietauto in Kombination mit Hotels unterwegs in Korsika, Amerika oder Italien. Auch Pauschalferien auf Mallorca oder Fuertevertura haben ich schon ausprobiert. Zudem habe ich auch schon mehrmals meine Ferien in einer Ferienwohnung verbracht. Und auch per Autostop wie auch mit Eurotail bin ich schon durch halb Europa gereist. Somit habe ich, teilweise zusammen mit Babs, fast jede Art des Reisen ausprobiert.

DSC09885Erste Campererfahrungen

In den vergangenen drei Jahren haben wir nun mehrmals mit einem Camper Ferien verbracht. Zuerst mit einem grossen Pickup mit Wohnkabine auf der Ladefläche unterwegs im Hochland von Island. Und dann zweimal mit dem VW Camper in Italien. Dabei haben wir erstmals Camperluft geatmet und die Vorteile dieser unkompliziertem und naturnahmen Form des Reisen schätzen gelernt. Und ich habe für mich herausgefunden, dass für mich die beste Art des Reisens spontan ist, viel in der Natur und ohne allzuviel Luxus.

Die Entscheidung

Der Grund, wiso wir uns nach reiflicher Überlegung entschieden haben, uns einen Camper zu kaufen, sind diese gesammelten Reiseerfahrungen. Wir haben uns überlegt, wie wir möglichst spontan, ohne langes Planen reisen können. Jederzeit starten können, ohne einen Flug oder Zug zu verpassen. Ohne den täglichen Stress, wo und wie wir Übernachten werden. Wir können unsere Reise dann beenden, wenn wir wieder nach Hause möchten. Und möglichst nahe an der Natur leben. Und dabei jeden Tag eine wechselnde Aussicht direkt aus dem Bett geniessen zu können.

Zudem suchen wir eine Möglichkeit, möchlichst viel Reisestile unter einen Hut zu bringen: Kulturelle Ferien mit Städtereisen, Chillen und Entspannen, Aktivferien wie Wandern, Biken, Klettern, Baden und Strandurlaub zu verbinden. Und dies scheint uns mit einem Camper am Besten machbar zu sein. Zudem haben wir immer noch die Möglichkeit, mal Zwischendurch eine Nacht in einem Hotel zu verbringen, wenn wir mal wieder etwas mehr Platz möchten.

Noch lieber würde ich natürlich wieder mit Rucksack bepackt losziehen, um ferne Länder und Völker zu entdecken und spannende, mehrtägige Tekkings zu machen. Doch dies ist aus gesundheitlichen Gründen (Fuss) und ohne grosse Schmerzen bzw. Kistenweise Medikamenten einfach nicht mehr machbar.

Nach der Reise..?

Babs wird sich nach der Rückkehr zuerst nach einer Stellvertretung umsehen, um dann bei passender Gelegenheit wieder eine Feststellung anzunehmen. Wir gehen davon aus, dass es dank ihrer langjährigen Erfahrung, ihrer Ausbildung als Kindergärtnerin und Heilpädagogin, und der Tatschache, dass zurzeit die Nachfrage nach IF-Lehrpersonen sehr gross ist, es kein Problem sein sollte, wieder einen Job zu finden.

Ich werde nach der Rückreise mein Job als Fotograf, Webdesigner und Dozent wieder aufnehmen. Da ich im Vergleich zu Situation mit dem alten Studio mit massiv weniger Fixkosten zu kämpfen habe (keine hohen Studiokosten, keine Löhne…), werde ich bestimmt auch mit weniger Lohn über die Runde kommen. Während unserer Reise wird voraussichtlich  meine Assistentin mein neues kleines Fotoatelier führen.