Nach einer quälend langen Fahrt von Warschau über 300 Kilometer und vielen Staus sind wir endlich hier in Auschwitz angekommen. Hier können wir uns auf einem schönen Stellplatz auf dem Gelände der Stiftung für Dialog und Gebet einrichten.

Für mich ist klar, dass ich hier das Konzentrationslager besuchen möchte. Babs jedoch entscheidet sich dagegen. Sie hat vor drei Jahren in Saigon das War-Remnants-Museum besucht welches die Scheusslichkeiten des Vietnamkrieges zeigt. Sie möchte vermeiden, dass Sie danach wieder von schlaflosen Nächten geplagt wird. Deshalb verzichtet sie auf einen Besuch und ich mache mich alleine auf den Weg.

Leider habe ich vorgängig jedoch nur die Infos im Wikivoyage gecheckt und die Museums eigene Website nicht besucht. Deshalb erfahre ich erst hier, dass eine vorgängige Reservation nötig ist. So muss ich über drei Stunden ausharren bis ich rein darf. Da ich jedoch meinen Krimiroman auf meiner Kindle-App mit dabei habe und schnell ein schattiges Plätzchen in der Nähe finde, sind die zwei Stunden schneller vorüber als mir lieb ist.

Konzentrationslager Auschwitz

So mach ich mich auf, eines der dunkelsten Kapitel der Europäischen Geschichte zu entdecken. Wir haben auf unserer Reise durch Europa schon viel über das Deutsche Reich und den Nationalsozialismus gelesen und gesehen. Sei es der Atlantikwall, der über 2685 Kilometer entlang der Europäischen Westküste führt und meist durch Zwangsarbeit der einheimischen Bevölkerung erstellt wurde. Wir haben die Normandie bereist, wo heute noch vieles von der Invasion der Alliierten zeugt. Wir haben unzählige Museen besucht, welche die unterschiedlichsten Aspekte des zweiten Weltkrieges beleuchten. Und wir haben viele Städte gesehen, die im Kampf um die Befreiung Europas zerstört und nachher mehr oder weniger gelungen wieder aufgebaut wurden. Auch während unseres bisherigen Aufenthaltes hier in Polen haben wir viel über den Einmarsch, die Unterdrückung und die Verfolgung der Polen durch die Deutschen erfahren.

So bin ich gut vorbereitet und die vielen Texte in der Ausstellung sind für mich nicht wirklich neu. Dennoch: Mit welcher grenzenlosen Brutalität die Nazis hier in Polen wüteten und systematisch versuchten, nicht nur die Juden sondern das ganze polnische Volk zu unterdrücken und auszurotten war mir bisher nicht bewusst. Das Ziel der Deutschen war, die Elite des Landes, seien es Unternehmer, Grundbesitzer, Politiker, Professoren oder Schriftsteller zu liquidieren und auch Romas, Sintis und Juden los zu werden. Der Rest der Bevölkerung sollte durch Mangelernährung, Unterdrückung und massive Einschränkung der persönlichen Freiheit und der Bildung zu einem Arbeitsvolk zweitere Klasse umerzogen werden um dem Deutschen Reich zu dienen. Sogar der Besitzt eines Fahrrades war eingeschränkt und musste unter Androhung von Todesstrafe gemeldet werden. Ein Teil der polnische Bevölkerung konnte vor den Deutschen Besatzern fliehen und wurde über ganz Europa verteilt. Teils standen sie in der Roten Armee aber auch auf Seiten der Alliierten im Einsatz. Da viele Polen auch in der Deutsche Wehrmacht im Dienste standen waren sie gezwungen teils gegen eigene die Landsleute zu kämpfen.

Ich bin erschüttert über das Schicksal der fast 1.5 Millionen Menschen, die hier in den drei grossen Konzentrationslager und den über 50 Aussenlagern auf elende Art ihren Tod fanden. Die unzähligen Bilder und Dokumenten, die in den Ausstellungen in den verschiedenen Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers gezeigt werden lassen einen fast das Herz gefrieren. Alles in allem finde ich Auschwitz ein Muss für jeden Polenbesucher – auch wenn es ziemlich unter die Haut geht. Das Museum wurde inzwischen von über 45 Millionen Menschen besucht werden und hilft, dass die Schreckensherrschaft der sechs Kriegsjahre nie vergessen werden.

Ohne Computer fühlt sich Stefan wie ein Fisch ohne Wasser. Auch Autofahren und Navigieren ist genau sein Ding. Wenn er sich nicht gerade mit Fotografieren beschäftigt, outet er sich als Nerd, was den Vorteil hat, dass wir unterwegs bzgl. Apps, Internetzugang, Offlinekarten etc. immer auf dem neusten technischen Stand sind. Daneben spricht er gut englisch, spanisch und portugiesisch - während Babs für's französisch zuständig ist. Die ideale Ergänzung also….

Ein Gedanke zu “Besuch im KZ Auschwitz”

  • Wow, sehr gut geschrieben und mit deinen Bildern dazu läuft es einem kalt den Rücken runter….

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