Nachdem wir drei Tage ohne Büssli in einem Bungalow sowie im Ibis in Danzig übernachtet haben, und überglücklich unser aufgefrischtes Büssli in Empfang nehmen konnten, gehts Richtung Osten weiter. Unser Ziel sind die masurische Seenplatte. Dort soll es einsame Plätze und wunderschöne Seen zum Baden, Paddeln und Faulenzen geben. Doch als erstes erwartet uns ein lähmender Stau. Erst als wir Danzig hinter uns lassen, können wir das Pedal durchdrücken und Richtung Marienburg, unserem ersten Nachtquartier auf dem Weg Richtung Osten preschen. Hier gilt es dann als erstes den Einkaufen zu erledigen.

Einkaufen auf polnisch

Für das Einkaufen ist auf unserer Reise ist meistens Babs zuständig. So auch hier in Malbork, auf deutsch Marienburg. Während Babs sich also durch den Supermarkt kämpft, schiebe ich wie so oft im Büssli wache. Denn wir haben nicht nur in vielen Internet-Foren darüber gelesen, dass ab und zu auf Supermarkt-Parkplätzen Wohnmobile leergeräumt werden, sondern auch persönlich Leute kennengelernt, die dies erlebt haben. Dies möchten wir nicht riskieren. Während ich also an den Fingernägeln kauend die Karte studiere, quält sich Babs durch die Regale.

So ein Einkauf wäre eigentlich nicht so schwierig, wären nur nicht alle Produkte auf polnisch angeschrieben. Auf unserer bisherigen Reise hatten wir kaum mit Sprachproblemen zu kämpfen, da wir französisch, englisch, spanisch und auch portugiesisch verstehen. Aber polnisch? Dadurch wird das Einkaufen um einiges komplizierter: Ist der Butter mit oder ohne Salz? Das Bier mit oder ohne Alkohol? Das Mineral mit oder ohne Gas? Und an der Fleisch- und Brottheke wirds noch kniffliger. Da greift man dann lieber in die Vitrine mit dem marinierten Fleisch und zum Brot in der Selbstbedienung. An der Kasse folgt dann die nächste Hürde. Denn spätestens auf die Nachfrage der Kassierin, ob man ein Tüte haben oder in bar bezahlen möchte, versteht man dann nur noch Bahnhof. So wird Babs wohl oder übel auf dem Rest unserer Reise mit Körpersprache einkaufen müssen. Liegen doch noch vier Länder mit je uns unbekannten Fremdsprachen vor uns. Vielleicht nützt uns unsere neue Übersetzungs-App, die wir inzwischen runter geladen haben weiter. Mal sehen…

Wo sind die Touristen hin?

Nach unserem Einkauf haben wir gut fünfhundert Meter neben der Marienburg einen Campingplatz gefunden. Und erstaunlicherweise ist dieser noch so gut wie leer. Nachdem wir in den letzten Tagen nur Horden von Touristen und ziemlich überfüllte Campingplätze angetroffen haben sind wir positiv überrascht. Offensichtlich scheint es die meisten Polen ans Meer zu ziehen, wo vor lauter Touristen fast kein durchkommen mehr ist. Kaum einige Kilometer hinter der Küste ist der ganze Rummel aber wie weggeblasen. Wir haben also die Qual der Wahl und wählen eine gemütliche Ecke für unsere Übernachtung. Wir geniessen die Ruhe und ein feines Stück Schweinefleisch. Doch oh Schreck: Am nächsten Tag ist für mich Bettruhe angesagt. Schon am Morgen fühle ich mich nicht fit und lege mich mit der dritten Magenverstimmung seit Beginn unserer Reise ins Bett. So liege ich für zwei Tage flach und ernähre mich wieder mal mit Schonkost, während Babs die Zeit nutzt um das Büssli von vorne bis hinten einer Generalreinigung zu unterzieht. Übrigens: Was der Grund für die Magenverstimmung war konnten wir bis jetzt nicht eruieren. Jedenfalls hatten Babs und ich fast das Gleiche gegessen. Ist uns ziemlich ein Rätsel.

Besuch in der Marienburg

Heute, nachdem meine Lebensgeister wieder zurückgekehrt sind, gehts auf zur Besichtigung der Marienburg. Wir sind inzwischen kritisch geworden gegenüber Superlativen wie hier ‘die grösste Backsteinburg der Welt‘ und sogar ‘das grösste Werk der Bachsteingotik‘. Als wir jedoch vor den Toren dieser riesigen Burg stehen, staunen wir nicht schlecht. Wir sind beeindruckt von der Grösse und Schönheit dieser Burg. Auf der zweistündigen Besichtigungstour per Audioguide lassen wir uns verzaubern. Die Marienburg wurde im 13. Jahrhundert vom Deutschen Orden erbaut und diente als Sitz ihres jeweiligen Hochmeisters. Später diente sie auch als Residenz der polnischen Könige. Im zweiten Weltkrieg wurde die Burg stark zerstört und später originalgetreu wieder aufgebaut.

Nach dieser eindrücklichen Besichtigung verbringen wir den Abend wieder mit einem schmackhaften Essen aus der eigenen Küche und unterhalten uns mit einer jungen Deutschen Familie, die mit Ihrem Pickup für drei Wochen nach Lettland fahren. Uns kommen dabei alte Erinnerungen an Island auf, als wir vor drei Jahren mit einem Dodge Pickup mit Haus auf der Ladefläche durch das Hochland gefahren sind.

Hebewerke des Oberländischen Kanals

Nach der durch meine Magenverstimmung etwas verzögerten Abreise von Malborg gehts nach vier Nächten endlich weiter Richtung Masuren. Wir machen aber schon nach 50 Kilometer wieder halt, denn wir möchten eines der vier Hebewerk am Oberländischen Kanal besichtigen. Wir haben ja schon in Belgien Hebewerke besucht und sind deshalb schon gespannt, wie dies hier im ehemaligen Ostpreussen umgesetzt wurde. Galt es hier doch, für den Bau des Kanals, welcher vor allem für den Transport von Holz aus dem Osten gedacht war, eine Höhendifferenz von annähernd 100 Meter zu überbrücken. Für diese Höhendifferenz wären eigentlich ganze 35 Schleusen nötig gewesen. Dank einer genialen Konstruktion, welche 1860 fertiggestellt wurde und ausschliesslich mit Wasserkraft bewegt wird, gelang es, mit nur vier Hebewerke den gleichen Effekt zu erreichen.

Vor Ort sind wir nicht schlecht erstaunt, wie simple die Konstruktion im Vergleich zu denen in Belgien ist, wo die Schiffe nicht wie hier auf einem Plattform, sondern direkt im Wasser, also schwimmend im einem Trog transportiert werden. Leider konnten wir das Heben eines Schiffes trotz längerem warten nicht live in Aktion erleben. Jedoch halfen uns die angebrachten Schilder die Funktionsweise zu verstehen.

Camping in Katno

Nach diesem kurzem Abstecher gehts weiter über Ostróda an einen kleinen romantischen See namens Schillingsee mit einem wie Babs zu sagen pflegt ‘putzigen’ Campingplatz in Katno. Auch hier ist noch genug Platz für unser WoMo vorhanden und wir können uns einen aussuchen. Kaum einige Kilometer weg von der Küsten, ist die ganze Welt wieder in Ordnung und nur wenige Touristen auszumachen. Gleich darauf stürze ich mich nicht nur in die Badehosen sondern zwischen plantschenden Kinder ins süsse Nass. Beim Anblick des Sees und seiner Umgebung fühle ich mich fast wie Zuhause. Es scheint, als würde ich am Sempachersee baden. Nur ist hier die Landschaft nicht zugebaut. Wem also die Schweiz langsam zu eng wird – hier hätte es noch viel Platz.

Nach einem Aperol Spritz im campingeigenen Restaurant mache ich mich daran, diesen Artikel zu schreiben, während Babs das Nachtessen vorbereitet. Der Campingplatz füllt sich langsam mit Niederländer, Deutschen, Letten und Polen. Ein feines Stück Fleisch angeschrieben mit Stek Wolowiny – was immer das ist – brutzelt auf unserem Gasgrill vor unserem Camper, während Broccolis und Wildreis im Dampfkochtopf kocht. Ein Frosch begrüsst uns kurz beim Vorbeihüpfen. Und der Duft steigt in meine Nase und macht es immer schwieriger mich aufs Schreiben zu konzentrieren. So ist für heute Schluss mit schreiben und ich widme mich lieber den schmackhaften Essen.

Ohne Computer fühlt sich Stefan wie ein Fisch ohne Wasser. Auch Autofahren und Navigieren ist genau sein Ding. Wenn er sich nicht gerade mit Fotografieren beschäftigt, outet er sich als Nerd, was den Vorteil hat, dass wir unterwegs bzgl. Apps, Internetzugang, Offlinekarten etc. immer auf dem neusten technischen Stand sind. Daneben spricht er gut englisch, spanisch und portugiesisch - während Babs für's französisch zuständig ist. Die ideale Ergänzung also….

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