Nachdem wir in Mecklenburg-Vorpommer einige eher gemütliche Tage verbracht haben, gehts bei regnerischem Wetter rüber nach Polen ins ehemalige preussische Hinterpommern. Uns fällt auf, dass hier viele LKW’s mit leicht beschädigten Unfallfahrzeugen voll belanden vom Westen Richtung Polen unterwegs sind. Die werden wohl im Osten für wenig Geld wieder fit gemacht und als Occasione wieder verkauft.

Kurz vor der Grenze angekommen, wird die Autobahn von der deutschen Grenzwache mit Strassensperren verbarrikadiert. Zu unserem erstaunen wird der ganze Verkehr von der Autobahn genommen und einige verdächtige Autos von der Polizei raus gewunken. Für uns sehr ungewohnt, sind wir doch bisher auf unserer langen Reise quer durch ganz Europa noch nie einer solchen Kontrolle begegnet. Anscheinend gibt es trotz Schengenabkommen zwar sehr selten, aber wo nötig eben doch Grenzkontrollen.

Besuch bei Freunden

Schon an der ersten Ausfahrt auf polnischem Boden gehts wieder raus von der Autobahn. Denn wir besuchen Freunde von uns, welche zurzeit hier in der Nähe von Stettin direkt an der Oder ihre Ferien verbringen. Sie sind ihrerseits bei Freunden auf Besuch. Willkommen in Polen – auf der Fahrt auf den kleinen Nebenstrassen werden wir von den ersten tiefen Schlaglöchern und geflickten Strassen begrüsst. Bei unseren Freunden angekommen, können wir unser Büssli sicher im Innenhof parkieren bevor wir mit selbst gebranntem polnischen Schnaps und einem feines Nachtessen verwöhnt werden und seit langem den ersten Abend unter Schweizern geniessen können. Von Ania, der polnischen Partnerin unseres Schweizer Gastgebers erfahren wir einiges über Polen. Wir erfahren auch, dass es hier überall noch Spuren der vergangenen Kriege gibt. Ania erzählen uns, dass sie sogar beim Bau ihres eigenen Hauses auf vier tote russische Soldaten gestossen sind. Und einige Probleme damit hatte, diesen vier Toten eine angemessene Begräbnis zu organisieren.

Besichtigung der Stettiner Werft

Am nächsten Morgen erwartet uns ein aussergegewöhnlicher Ausflug. Durch gute Kontakte von Roman, des Schweizer Freundes unserer Freunde, der seit fünf Jahren hier in Polen lebt, können wir die riesige Werft in Stettin besuchen. Eine einmalige Gelegenheit, denn offiziell gibt es keine Führungen in dieser Werft. Bis 2009 war Stettin mit über 10’000 Arbeiter die grösste Werft Europas. Bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und der fehlenden staatlichen Unterstützung sind es inzwischen aber nur noch gut 1’000 Arbeiter. Somit ist die Werft nach über 10 Jahren Krise ziemlich runtergekommen, wirkt trist und verlassen und steht zum Verkauf.

So machen wir einen Rundgang durch die riesigen Montagehallen, vorbei an immensen Baukränen und halbfertigen Schiffen. Wir beobachten einige wenige Schweisser bei ihrer harten Arbeit. Zu den wenigen Aufträgen, die in dieser Werft noch erledigt werden, gehören neu auch Windkraftwerke. Und die neue Jacht von Jarosław Kaczyński, dem ehemaligen polnischen Ministerpräsident welche hier bald vom Stapel laufen wird. Für seinen Besuch vor einigen Monaten in dieser Werft wurde sogar eigens dafür aus Imagegründen das Trockendock komplett frisch gestrichen.

Besuch Stetting

Heute ist Zeit um Abschied von unserem Freunden zu nehmen. Unsere Fahrt geht aber nur wenige Kilometer weiter auf den Campingplatz von Stettin. Denn wir möchten der gut 400’000 Einwohner zählenden Stadt selber noch einen Besuch abstatten.

Nachdem wir uns in der von den heftigen Gewitter der vergangenen Tage matschigen Wiese des Stettinger Campings einen einiger massen tockenen und freien Platz ausgesucht haben, gehts mit dem Bike in die Innenstadt. Hier bekommen wir einmal mehr einen Eindruck von Polen. Alles wirkt irgendwie dreckiger als in Ostdeutschland. Viele Gebäude aus der Nachkriegszeit sind in sehr schlechtem Zustand und Nebenstrassen sind oft seit Jahrzehnten lang nicht mehr instand gestellt worden. Die Spuren des Krieges und die achtlose Städteplanung der DDR sind hier nach wie vor sichtbar. Nur verstreut im Zentrum von Stetting gibt es einige sehenswerte Bauten, die passend restauriert wurden und vorwiegend in Bachstein gebaut sind. Vor allem die Philharmonie kann uns mit ihrer von Eiskristallen inspirierte Architektur begeistern. Auch die Hakenterasse vor dem Nationalmuseum mit Blick über den Hafen und die Promenade entlang der Oder lädt zum Bummeln und Verweilen ein.

Was uns ausserordentlich gelungen erscheint, ist die gestrichelte rote Linie, welche sich durch das Zentrum von Stetting schlängelt und den Touristen den Weg entlang den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigt. An jeder Station erwartet den Besucher eine mehrsprachige Beschreibung des jeweiligen Ortes. Was uns jedoch fehlt in Stettin ist der Charm einer intakten Innenstadt – diese wurde im Krieg stark zerstört und nur teilweise wieder aufgebaut. So machen wir uns nach einigen Stunden wieder auf den nicht gerade lauschige Heimweg entlang der verkehrsreichen Zufahrtsstrasse und etlichen heruntergekommenen Bauruinen.

Stettin hat eine ziemlich wechselvolle Geschichte mit unzählige Besitzerwechsel hinter sich: Als bedeutende Handels- und Hafenstadt war Stettin im Mittelalter Residenzstadt des Herzogtums Pommern. Ende des 16. Jh. war Stettin dann für fast 100 Jahre in schwedischer Hand bevor sie von Preussischen und anschliessend von Russische-Sächsische Machthaber besetzt war. Erst ab 1720 gehörte die Stadt endgültig zu Preussen. Danach wurde die Stadt von 1806 bis 1813 während der Revolution von den Franzosen besetzt. Nachdem die Deutschen in Polen einmarschiert sind, wurde es 1945 von der Roten Armee ‘befreit’ und gehörte bis zur Wende zum Ostblock.

Ohne Computer fühlt sich Stefan wie ein Fisch ohne Wasser. Auch Autofahren und Navigieren ist genau sein Ding. Wenn er sich nicht gerade mit Fotografieren beschäftigt, outet er sich als Nerd, was den Vorteil hat, dass wir unterwegs bzgl. Apps, Internetzugang, Offlinekarten etc. immer auf dem neusten technischen Stand sind. Daneben spricht er gut englisch, spanisch und portugiesisch - während Babs für's französisch zuständig ist. Die ideale Ergänzung also….

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