Heute gehts vorbei an Hamburg ein grosses Stück weiter Richtung Osten. Unser nächstes grösseres Etappenziel ist die polnische Hafenstadt Stettin nahe der deutschen Grenze. Doch zuerst gibts einen ausgiebigen Zwischenhalt bei den Ossis in Mecklenburg-Vorpommern.

Chillen in der mecklenburgischen Seenplatte

Hier haben wir nur einen Programmpunkt: Wir möchten einige Tage richtig chillen und geniessen. Denn wir haben gehört, dass es hier unendlich viele Seen geben soll, die zum Entspannen und Nichtstun einladen. Also für einmal keine Museen besuchen. Keine Sehenswürdigkeiten abklopfen. Und tatsächlich. Hier fühlen wir uns vor lauter Seen, kleinen Campingplätzen, vielen Hügeln, endlosem Grün und hübschen Dörfern schon fast wie im schweizerischen Mittelland. Auch wenn das Wetter eher lau ist. Wir verbringen einige ruhige Tage in Schwerin, in Plau am See, am Kummerower See und in Neubrandenburg mit Biken, Kajakfahren, Angeln und Bummeln in den gemütlichen Kleinstädten.

Hier einige Impressionen der letzten Tage:

Prunk und Protz in Schwerin

Wir können es trotzdem nicht ganz lassen, wenigstens ein Schloss zu besichtigen. Wir tauchen für zwei Stunden in den verschwenderischen Luxus des Schweriner Fürstenhauses ein. Wir bestaunen eine Ahnengalerie der fürstlichen Familie der letzten 1000 Jahre. Edle Gewehre mit aufwendigen Verzierungen. Einen Raum mit goldigen Wänden, in der Mitte der Thron des Fürsten. Kein Raum gleich wie der Andere. Und Dekadenz bis ins Detail: aufwendige Decken-Stukkaturen, edelste Tapetenstoffe, aufwendigstes Holzparkett, üppige Ausstattung inklusive Meissner Porzellans. Alleine für die Verwaltung des Tafelgeschirrs war am Hofe eine Person zuständig. Was mir auffällt ist, dass hier noch auf Prunk und Protz gemacht wurde, als in Frankreich der König schon geköpft war, die Revolution ihren Lauf nahm und die Königshäuser um ihre angehäuften Reichtümer bangen mussten.

Im Vergleich zu meinem ersten Besuch ein Jahr nach der Wende in Dresden, wo Anarchie und Chaos herrschte und die Trabifahrer noch die Mehrheit bildete hat sich viel getan. Wir begegnen hier nur noch wenigen kleinen Zeugen aus vergangener DDR Zeiten. Einige alte Trabis in Hinterhöfen, einige triste und verfallene Häuser, verlassene Plattenbauten und grosse Landwirtschaftsbetriebe erinnern noch an die DDR-Zeiten. Doch alles andere ist nach über 30 Jahren auf westliche Standards getrimmt. Aldi und Lidl inklusive.

Zu gerne würde ich erfahren, wie viele Ossis diesen alten Zeiten nachtrauern. Und wie viele froh sind, dass dieses dunkle Kapitel der Geschichte abgeschlossen ist.

Nachtrag: Heute konnten wir tatsächlich noch mit einem alten Herrn von der Bootsvermietung paudern. War spannend ihm zuzuhören, obwohl er nicht viel Gutes zu erzählen hatte. Seit Monaten laufe das Vermiet-Geschäft schlecht wegen des miserablen Wetters. Eigentlich sei es für ihn nach der Wende eher besser geworden. Nur dass hier in Neubrandenburg viele Firmen nach der Wende geschlossen worden seien und Unmengen von Jobs verloren gegangen sind. Doch seit Merkel an der Macht ist wünsche er sich die Alten DDR-Zeiten zurück. Wo die doch so viel Flüchtlinge rein lässt, obwohl es so vielen Ossis nach wie vor sehr schlecht geht. Aber er sei eigentlich mit seinem Leben zufrieden. Seinen Kindern und Enkelkinder gehe es gut. Und sein Leben bewege sich ja sowieso nur zwischen seinem Arbeitsplatz hier am kleinen Hafen und seiner Wohnung in der Altstadt. Und zweimal in Jahr gehst rüber in die Ferien auf die Insel Rügen. Tja, das nenne ich Bescheidenheit.